Historischer Weg 8
Frauenklinik
Erläuterung zum Fachgebiet
Gynäkologie (griech.: gynē = Frau, Genitiv: gynaikós; lógos = Lehre): Frauenheilkunde
1904 – 1948
Seit 1867 gab es im Städtischen Krankenhaus Charlottenburg in der Kirchstraße eine Abteilung für Geburtshilfe. 1913 wurde für die Gynäkologie und Geburtshilfe die neue Städtische Frauenklinik Charlottenburg in der Pulsstraße eingeweiht, ihre Leitung Prof. Carl Keller übertragen. Die Frauenklinik gehörte zu den modernsten Europas.
1924 übernahm Prof. Paul Schäfer (1881–1962) als neuer Direktor die Frauenklinik. Es wurden baulich und technisch die Voraussetzungen für große chirurgisch-gynäkologische Operationen geschaffen. Damals waren um die 2.500 Entbindungen pro Jahr zu verzeichnen.
In der Frauenklinik wurden während des „Dritten Reiches“, so der heutige Kenntnisstand, auch Zwangssterilisationen vorgenommen. (siehe Text Nummer 16 zu „Nationalsozialismus“)
1948 bis heute
Mit Gründung der Freien Universität Berlin (FU) 1948 wurde die Städtische Frauenklinik in der Pulsstraße zur Universitäts-Frauenklinik und Teil des Westend-Klinikums der FU. Der erneut berufene Prof. Schäfer übernahm das Ordinariat. Sein Nachfolger wurde Prof. Felix Mikulicz-Radecki (1892–1966), der 1936 ein Lehrbuch zur Durchführung von Sterilisationen veröffentlicht und in der Zeit des Nationalsozialismus selbst Zwangssterilisationen durchgeführt hatte.
Es entstanden ein neuer Kreißsaal mit zwei einzelnen Entbindungsräumen, mehrere Laboratorien sowie ein eigener Hörsaal.
Die moderne Entwicklung der Frauenheilkunde führte zur Aufgliederung in verschiedene Teilgebiete: gynäkologische Histologie und Zytologie (Gewebs- und Zellkunde), Endokrinologie (Lehre von den hormonell bedingten Erkrankungen), Strahlentherapie, physikalische Therapie und Balneologie (Bäderheilkunde) sowie Gerinnungsphysiologie.
1962 wurde Prof. Herbert Lax (1909–1987) Ordinarius und Direktor der Frauenklinik. Sein wissenschaftliches Engagement galt insbesondere der operativen Therapie und dem Aufbau und der Weiterentwicklung der Strahlentherapie. Er setzte sich zudem für die brusterhaltende Operation des Mammakarzinoms (Brustkrebs) sowie die Integration der psychosomatischen und sozialmedizinischen Aspekte in die Frauenheilkunde ein.
1979 wurde Prof. Günther Kindermann (*1935) Leiter der Klinik . Seine Forschungsbereiche waren Risiken und Infektionen während der Schwangerschaft und gynäkologische Onkologie (Wissenschaft der Krebserkrankungen). Die Therapie der Sterilität (Unfruchtbarkeit) wurde um die Methoden der In-vitro-Fertilisation (IVF), der künstlichen Befruchtung erweitert. Das erste IVF-Baby Berlins kam 1984 in der Frauenklinik zur Welt.
Nachdem die DRK-Schwesternschaft Berlin 1991 das Universitätsklinikum Charlottenburg übernommen hatte, gliederten sie 1995 auch die Universitäts-Frauenklinik in der Pulsstraße in ihre gemeinnützige Gesellschaft ein. Prof. Heribert Kentenich (*1946) wurde Leiter der Frauenklinik; er war zusätzlich von 2006 bis 2011 Ärztlicher Leiter der DRK Kliniken Berlin Westend. Die Frauenklinik umfasste nun die drei Bereiche Geburtshilfe, Frauenheilkunde und Kinderwunschbehandlung. 2001 zog die Frauenklinik zusammen mit der Kinderklinik von der Pulsstraße auf das Westend-Gelände.
Der Bereich Psychosomatik in der Gynäkologie und Geburtshilfe wurde zu einem wichtigen neuen Forschungsschwerpunkt. Sichere Geburtsmedizin, alternative Geburtshilfe und psychosomatische Schwangerschaftsberatung ergänzten sich zu einem ganzheitlichen Ansatz.
Die Entbindungsstation und die Intensivstation für Neugeborene (Neonatologie) liegen direkt nebeneinander und arbeiten „Wand an Wand“ eng zusammen. Damit ist eine sofortige gemeinsame Versorgung von Frühgeborenen, Risikokindern, kranken Säuglingen und deren Müttern gewährleistet.
Die Klinik wird seit 2013 von Dr. Wolfgang Hartmann (*1964) geleitet. Seit 2015 ist die Klinik „Perinatalzentrum Level I“ und bietet damit die höchste Versorgungsstufe in der Geburtsmedizin und Neonatologie. Neuere Spezialisierungen in der Gynäkologie mit dem interdisziplinären Brustzentrum, dem Endometriosezentrum (für Erkrankungen der Gebärmutterschleimhaut) und dem Beckenbodenzentrum ergänzen das Behandlungsspektrum der Frauenklinik.
Klinik für Geburtshilfe